Zwang- und Ermittlungsmaßnahmen

Telekommunikationsüberwachung

Akustische Wohnraumüberwachung, § 100c StPO: Anwendungsbereich und Voraussetzungen

§ 100c StPO ermächtigt zum Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlichen gesprochenen Wortes in Wohnungen (sogenannter großer Lauschangriff). Der Begriff der Wohnung erfasst auch Arbeits-, Betriebs-, und Geschäftsräume des Beschuldigten.
 
I. Anordnungsbefugnis
  • die akustische Wohnraumüberwachung ist auf Antrag der StA durch die Staatschutzkammer des LG anzuordnen, in dessen Bezirk die StA ihren Sitz hat
  • liegt Gefahr im Verzug vor so darf auch der Vorsitzdende die Maßnahme anordnen
  • in diesem Fall muss die Maßnahme aber innerhalb von drei Tagen von der Kammer bestätigt werden, § 100e II 1, 2 StPO
 
II. Voraussetzungen
 
1. Verdacht, dass jemand Täter oder Teilnehmer einer in § 100c  I Nr. 1 iVm 3 100b II StPO aufgelisteten Katalogtat ist bzw. eine solche vorbereitet , § 100b I Nr.1 StPO
 
2. Die Katalogtat muss auch im Einzelfall schwer wiegen, § 100c I Nr. 2 und 3 StPO
 
3. Subsidiaritätsgrundsatz: Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten muss auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert sein, § 100c I Nr. 4 StPO
 
4. Kernbereich privater Lebensgestaltung, § 100d I 1 StPO: es dürfen nicht allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung erlangt werden.
  • ferner verlangt § 100d IV 1 StPO, dass aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht erfasst werden (negative Kernbereichsprognose).
  • Stellt sich bei dem Überwachen heraus, dass die Äußerungen dem Kernbereich zuzuordnen sind, ist das Abhören und Aufzeichnen nach § 100d IV 2 StPO unverzüglich zu unterbrechen und die entsprechenden Aufzeichnungen sind nach § 100d II 2 StPO unverzüglich zu löschen
  • Erkenntnisse die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung entstammen, dürfen nicht verwertet werden, § 100d II 1 StPO
 
5. Die Anordnung muss den Formvorschriften der § 100e III StPO genügen
 
6. Gegenüber Dritten kann die Online-Durchsuhung nur unter den erhöhten Voraussetzungen von § 100b III StPO durchgeführt werden.
 
7. Die von der Maßnahme Betroffenen sind nach §§ 101 IV-VII StPO nachträglich über die Durchführung der Maßnahme zu benachrichtigen
 
8. Zeugnisverweigerungsrecht
  • bei Personen, die nach § 53 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht besitzen, gilt ein absolutes Beweiserhebungs- und Beweisverwerungsverbot
  • bei Personen, die nach §§ 52, 53a StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht innehaben, gilt ein durch Verhhältnismäßigkeitserwägungen eingeschränktes Beweisverwertungsverbot, § 100d V 1, 2 StPO
  • Ausnahme: die Zeugnisverweigerungsberechtigte Person ist an der Tat oder an einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beteiligt, § 100d V 3 iVm § 160a IV StPO

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