Zwang- und Ermittlungsmaßnahmen

Untersuchungshaft

Haftgrund: Flucht und Fluchtgefahr

 I. Flucht, § 112 II Nr. 1 StPO
Der Haftgrund der Flucht besteht, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen festgestellt wird, dass der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält.
  • Flucht: Wenn sich ein Beschuldigter während oder nach Begehung der ihm angelasteten Straftat ins Ausland absetzt um sich dem Verfahren dauernd oder für längere Zeit zu entziehen.
  • Sich verborgen halten: Wenn er nicht oder unter falschem Namen angemeldet, an einem unbekannten Ort lebt oder bewirkt, dass er unauffindbar ist und dadurch seinen Aufenthalt den Behörden verschleiert in der Absicht, sich dem Strafverfahren zu entziehen.
 
II. Fluchtgefahr, § 112 II Nr. 2 StPO
  • Fluchtgefahr ist gegeben, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen wird.
  • Sichentziehen = Verfahrensvereitelung oder Verfahrenserschwerung.
  • Die Erwartung, der Beschuldigte werde sich dem Verfahren entziehen muss wahrscheinlicher sein, als das Gegenteil.
  • Nicht zulässig: bloße Vermutungen! → Es bedarf bestimmter Tatsachen die für einen unbefangenen Beobachter nachvollziehbar eine solche Gefahr belegen!
  • Hier Gesamtabwägung erforderlich. Kriterien:
    • Schwere der Beschuldigung
    • Höhe der konkret zu erwartenden Strafe
    • ob und in welchem Umfang dem Beschuldigten die ihn belastenden Beweise bekannt sind
    • ob er ein Geständnis abgelegt hat
    • Persönlichkeit des Beschuldigten
    • dessen private Verhältnisse (Vorleben, familiäre Bindungen, finanzielle Lage etc.)
    • Hinweise auf Fluchtvorbereitungen
    • Trennung von Ehefrau
    • Arbeitsplatz- und/oder Wohnungsverlust
    • Auslandskontakte oder Fremdsprachenkenntnisse
  • Allein mit der Höhe der zu erwartenden (selbst hohen) Freiheitsstrafe kann die Fluchtgefahr grundsätzlich nicht begründet werden.
  • Auch ein Auslandswohnsitz allein kann bei einem Ausländer die Annahme von Fluchtgefahr nicht ohne weiteres begründen. Dies ist insbesondere dann zu verneinen, wenn die Rückkehr ins Ausland in keinem Zusammenhang mit der Straftat steht
 
 

Diskussion