Rücktritt

§ 346 IV

 

I. Normaler Anwendungsbereich

  • nachdem der Rücktritt erklärt wurde, entsteht ein Rückgewährschuldverhältnis
  • wenn Pflichten aus diesem Rückgewährschuldverhältnis verletzt werden, so kann nach § 342 IV Schadensersatz verlangt werden

II. ℗ Anwendung der Norm im Vorfeld der Rücktrittserklärung

  • Hier ist zunächst vollkommen unklar, ob der künftige Rückgewährschuldner überhaupt schon die Pflicht aus § 346 I verletzen kann, ob hier alternativ eine Verletzung von sonstigen (Vorfeld-)Pflichten in Betracht kommen könnte, § 241 II, schließlich, ob insoweit zwischen vertraglichem und gesetzlichen Rücktrittsrecht zu unterscheiden wäre.
  • Geht man davon aus, dass auch im Vorfeld eines Rücktritts schon die Pflicht aus § 346 I oder sonstige haftungsbewehrte Pflichten gegenüber dem Rückgewährgläubiger verletzt werden können, ist als nächstes zu klären, ab wann dies der Fall sein soll: (erst) ab Kenntnis oder (schon) ab Kennnenmüssen des Rücktrittsgrundes.
  • Zu guter Letzt bliebe dann noch der Maßstab für pönalisiertes, haftungsauslösendes Verhalten zu klären. Auch insoweit besteht große Unsicherheit, da der potenzielle Rückgewährschuldner vor Erklärung des Rücktritts eben noch nicht zur Rückleistung verpflichtet ist. 
  • Er darf daher seine eigene Sache grundsätzlich nutzen, wie es ihm beliebt, § 903. Und mit Blick auf § 347 S.1 und § 254 II 1 muss er das sogar! Er kann daher selbst ab Kenntnis des Rücktrittsgrundes nicht ohne Weiteres auf „Nummer Sicher“ gehen und die Sache gut verpackt in die Ecke stellen. 

hM: der Schuldner unterliegt ab der Kenntnis von seinem Rücktrittsrecht schon den Pflichten aus dem zukünftigen Rückgewährschuldverhältnis 

  • Arg: Auch der Gesetzgeber schien davon auszugehen, dass die Pflichten schon mit Kenntnis des Rücktrittsgrundes entstehen, vgl. Bundestagsdrucksache
  • Arg: der Rücktrittsberechtigte, der sein Rücktrittsrecht kennt, muss mit einer Rückgewähr der Sache rechnen und muss diese daher sorg-sam behandeln
  • Arg: Rückgriff auf die Wertung des § 819 I 

1. Phase: Der Rücktrittsberechtigte hat die Sache aber keine Kenntnis vom Rücktrittsrecht

  • Für diese Phase besteht Einigkeit, dass die Privilegierung des § 346 III 1 Nr. 3 BGB gilt.
  • Es besteht auch Einigkeit, dass kein Schadensersatzanspruch aus §§ 346 IV, 280 ff. BGB in Betracht kommt.
 
2. Phase: Der Rücktrittsberechtigte hat Kenntnis vom Rücktrittsrecht, ist aber noch nicht zurückgetreten
  • Es ist umstritten, ob das Privileg des § 346 III 1 Nr. 3 BGB gilt.
  • Es ist umstritten, ob ein Schadensersatz nach § 346 IV, 280 ff. BGB in Betracht kommt.
  • Dafür, dass bereits mit dem Kennenmüssen die zweite Phase auslöst wird, werden der Abgleich zur culpa in contrahendo, der Verweis auf die Vorstellung des Reformgesetzgebers sowie der mangelnde Harmonisierungsbedarf mit § 819 I nach Wegfall der früheren Heranziehung der Bereicherungshaftung (§ 327 2 aF) bemüht.
 
3. Phase: Der Rücktrittsberechtigte hat sein Rücktrittsrecht ausgeübt
  • Für diese Phase besteht weitgehend Einigkeit, dass die Privilegierung des § 346 III 1 Nr. 3 BGB nicht gilt.
  • Es besteht auch Einigkeit, dass ein Schadensersatzanspruch aus §§ 346 IV, 280 ff. BGB in Betracht kommt.

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